Obergrenzen ? Da war doch was!

In den Eckpunkten zu dem beabsichtigten Berliner Mietengesetz ist eine Mietobergrenze vorgesehen, deren Ausgestaltung bisher offen ist. Sie soll bei Neuabschlüssen neben der zuletzt vereinbarten Miete die zulässige Höhe der Miete bestimmen. Wörtlich vernimmt man dem Eckpunkt:

„Bei Wiedervermietung dürfen die Höhe der vorherigen Vertragsmiete und die Mietobergrenze nicht überschritten werden“

  1. Interpretationsspielraum

Diese Ankündigung wird unterschiedlich ausgelegt. Vereinzelt wird verstanden, dass die Wiedervermietungsmiete weder die vorherige Vertragsmiete noch die Obergrenze überschreiten darf. Diese Auslegung hätte zur Folge, dass die Vorvertragsmiete nicht vereinbart werden darf, wenn diese die Obergrenze überschreitet.

Anderenfalls könnte der Gesetzeswortlaut wie folgt gefasst werden:

Eine Miethöhe bei Neuvermietung ist überhöht, wenn sie die vorherige Vertragsmiete und die Mietobergrenze überschreitet.

Hiernach wäre – die relevante Bestandschutzproblematik beachtend – eine Überschreitung der Mietobergrenze zulässig, wenn die vorherige Vertragsmiete höher war. Ebenso ist eine Erhöhung bis zur Mietobergrenze zulässig, wenn die vorherige Vertragsmiete niedriger war. Damit wäre auch der Kritik Rechnung getragen, dass die zahlreichen „privaten“ – also eher die Eigentümer kleinerer Bestände – nicht ohne sachlichen Grund benachteiligt werden, dass sie bisher vergleichsweise niedrigere Mieten verlangt haben. Ich erinnere hier an den Vorlagebeschluss des LG Berlin vom 07. Dezember 2017 – 67 S 218/17 – an das Bundesverfassungsgericht, wonach eine Verfassungswidrigkeit bei Ungleichbehandlung von Vermietern anzunehmen sei. Die zweite Lesart wäre zweifelsfrei der geringere Eingriff und somit auch rechtlich weniger bedenklich. Sie entspräche zudem der Struktur der §§ 556d Abs.1, 556e Abs. 1 S.1 BGB. Fraglich ist dann allerdings, wie die landesgesetzliche Obergrenze sich zu der bereits bestehenden bundesgesetzlichen – 10% oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete verhalten soll, zumal der Senat auch auf den Berliner Mietspiegel als Vergleichsmaßstab Bezug nimmt.

Die mietenpolitsche Sprecherin der Fraktion DIE LINKE Gottwald äußert sich im Interview mit der Zeitschrift LUXEMBURG zum Verhältnis zwischen Obergrenze und Vorvertragsmiete hingegen wie folgt: „Selbst bei Neuvermietung wird die Miete auf die Höhe der Vormiete begrenzt. Außerdem – und das ist das zweite Element – wird eine absolute Miet-Obergrenze definiert – eben ein Deckel. Liegt die Miete für bestimmte Wohnungen bereits jetzt oberhalb dieser Grenze, gilt im Fall von Neuvermietung die Vormiete als absolute Grenze, die nicht weiter überschritten werden darf.“ und weiter: “ Hätte man als Alternative nur eine Deckelung eingeführt, könnten gerade niedrigere Mieten unterhalb dieser Obergrenze weiter steigen. Das ist nicht sinnvoll, denn gerade deren Niveau soll ja gehalten werden.“

2. Soziale Obergrenzen ?

Dem Eckpunkt ist das Gedankenspiel zu entnehmen, dass die Obergrenze als „einkommensorientierter Wert“ ausgestaltet werden könnte. Der Gedanke, der hiermit verfolgt wird, ist die Erschwinglichkeit der Miete. Hier hat sich gezeigt, dass sich das Verhältnis von Haushaltseinkommen zu Miete – jedenfalls bei Neuabschlüssen – zu Lasten der Haushalte verschoben hat und die Grenze, bei der nachhaltig die Miete bedient werden kann – herkömmlich max. 30% – deutlich gerissen wird. Wird nun ein Median des typischen Berliner Haushaltseinkommens zu Grunde gelegt oder stets im Einzelfall geprüft, ob eine bestimmte prozentuale Grenze überschritten ist?

In beiden Alternativen würden besser verdienende Haushalte bevorzugt werden, da sich diese die Miete leisten können, somit, wenn sich der Vermieter für diese Gruppe entscheidet, dieser keine Restriktionen zu befürchten hätte.

3. Erfahrungen mit Mietobergrenzen

Die Begrifflichkeit ist zudem nicht neu. Der Senat hat damals für Sanierungsgebiete bestimmte Mietobergrenzen vorgeschrieben. Sofern der Eigentümer bei in Sanierungsgebieten grundsätzlich gewünschten bis hin zu erzwungenen Sanierungsmaßnahmen sich nicht verpflichtete, nach Abschluss der Sanierungen diese Obergrenzen einzuhalten, wurde ihm die für die Durchführung seiner Maßnahme erforderliche sanierungsrechtliche Genehmigung versagt, oder die Einhaltung der Obergrenze als Auflage der Sanierungsgenehmigung erteilt. Diese Obergrenzen erwiesen sich als rechtswidrig. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 4 C 9/04